Bahnstreik Thread 2014/2015

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Tupolew

Erfahrenes Mitglied
27.09.2012
1.520
711
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Aha. Und wie kommt es dann, dass seit 2009 der Gewinn jährlich steigt? Von 830 Millionen Euro auf 1,4 Mrd. €? Der Umsatz steigt ebenfalls, auf 40Mrd. €?!
Die Bahn hat, soweit ich das am Rande mitbekommen habe, eher deswegen die Ausschreibung verloren, weil sie sich zu selbstsicher war und dadurch ein zu schlechtes Angebot abgegeben hat.
 
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Anonym-36803

Guest
Die Bahn hat, soweit ich das am Rande mitbekommen habe, eher deswegen die Ausschreibung verloren, weil sie sich zu selbstsicher war und dadurch ein zu schlechtes Angebot abgegeben hat.

Nachdem wir beide die Ausschreibungsdetails nicht kennen, können wir beide nur mutmaßen. Da allerdings in den Ausschreibungen i.d.R. viele Details festgelegt sind wie Takt und zu nutzende Triebfahrzeuge und hier für die Unternehmen keine Wahlmöglichkeit besteht, kann m.E. der einzig große Unterschied in der Höhe der Personalkosten liegen. National Express konnte hier billiger anbieten als die Deutsche Bahn und hat deswegen den Zuschlag bekommen.
 

Tupolew

Erfahrenes Mitglied
27.09.2012
1.520
711
Nachdem wir beide die Ausschreibungsdetails nicht kennen, können wir beide nur mutmaßen. Da allerdings in den Ausschreibungen i.d.R. viele Details festgelegt sind wie Takt und zu nutzende Triebfahrzeuge und hier für die Unternehmen keine Wahlmöglichkeit besteht, kann m.E. der einzig große Unterschied in der Höhe der Personalkosten liegen. National Express konnte hier billiger anbieten als die Deutsche Bahn und hat deswegen den Zuschlag bekommen.

Das geht jetzt doch etwas in Richtung Off-Topic. Ich verweise mal auf die Sueddeutsche, die relativ viel darüber berichtet hat (wohl eher aus regionalen und weniger aus ideologischen Aspekten). Z.B. ein Kommentar dazu: Kommentar - Der Fahrgast gewinnt - Wirtschaft - S

Ansonsten kann man natürlich immer die Schuld auf die Personalkosten lenken, davon lebt der Neoliberalismus seit Jahrzehnten in Deutschland. Aber mal ein analoges Beispiel zeigt doch aktuell sehr stark, dass es um mehr geht, als um Personalkosten: Der Konkurrenzkampf mit den Fernbussen. Natürlich spielen hier Personalkosten eine Rolle, aber der Hauptgrund, warum die Menschen zu Fernbussen abwandern ist doch ein anderer, nämlich das deutlich bessere Angebot, Pünktlichkeit, W-Lan, viele Direktverbindungen usw. Das selbst die Bahn erkannt hat, dass es nicht nur die Personalkosten sind, sieht man doch an dem kürzlich vorgestellten Reformprogramm.
Und diesen Aspekt würde ich jetzt mal auf die S-Bahn übertragen, da ich meine, dass ich diesen Punkt mal irgendwo gelesen habe: Hauptgrund war soweit ich weiß, dass der andere Anbieter bessere und modernere Züge einsetzen will. Der gleiche Punkt kommt derzeit/demnächst auch bei der S-Bahn Berlin zum tragen, wo die Bahn ebenfalls erstmals mit ernsthafter Konkurrenz umgehen muss und mit ihren alten Zügen natürlich ebenfalls Probleme bekommen kann.

Also natürlich spielen auch Personalkosten eine Rolle, aber die alleinige Schuld wieder auf die Arbeitnehmer abwälzen kann man auch nicht, vorallem nicht bei einem Jahresgewinn von 1,4Mrd. Euro. Und noch ein anderer Aspekt: Es geht um die Tarifverträge für Rangierlokführer und Zugbegleiter, die wären ja in einem S-Bahn Betrieb eher weniger anzutreffen (Gut, Rangierlokführer vielleicht schon, hab da keine Ahnung)
 
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Anonym-36803

Guest
Du hast Recht, das geht nun wirklich langsam off-topic, aber hier ein Link zur RRX-Ausschreibung: Deutsche Bahn wirft beim Betrieb des RRX das Handtuch - | WAZ.de mit einem Zitat:
Die DB Regio glaubt, hier gar nicht zum Zuge kommen zu können, weil sie mit ihren Personalkosten nicht konkurrenzfähig sei. Die Lohnkosten der Lokführer lägen bis zu 20 Prozent über denen der Konkurrenz.

Natürlich kann man hinterfragen, ob man die höheren Personalkosten allein den Lokführern in die Schuhe schieben kann, oder ob die Bahn nicht einen größeren Verwaltungskopf mit höheren Gehältern als die private Konkurrenz hat, aber ganz "unschuldig" sind die Gehälter der Lokführer auch nicht. Und wenn hier weiter erhöht wird (ggf. sogar in Verbindung mit einer geringeren Wochenarbeitszeit und mehr Personal eingestellt werden muss) und damit deutlich mehr als die Konkurrenz bezahlt wird, kann ich mir gut vorstellen, dass es in Zukunft noch schwerer wird, weitere Ausschreibungen zu gewinnen.

Fernbusse sehe ich persönlich als keine Konkurrenz an, aber das mag vielleicht an meiner persönlichen Einstellung liegen. Mir sind häufig schon die Fahrzeiten mit der Bahn zu lang (Frankfurt-Hamburg und Frankfurt-Berlin würde ich immer das Flugzeug bevorzugen, und auch nach München würde ich es mir überlegen (je nach dem wo ich in München hin muss)), und Fernbusse sind ja tlw. deutlich länger unterwegs und aufgrund von Staus und Baustellen nicht wirklich planbar. Nicht mal für umsonst würde ich mit einem Fernbus fahren.
 

thaifoodpower

Erfahrenes Mitglied
08.01.2010
1.509
17
ZRH
Hier geht es doch nicht (wie auch vielfach schon gesagt) um die Löhne, sondern um Machtspielchen. Und da ist das ein Missbrauch des Streikrechts. Streiken soll, wer zu wenig verdient, ausgebeutet wird, schlechte Arbeitsbedingungen hat - nicht wer meint nicht genug das Ego gestreichelt zu bekommen.

Arbeitsbedingungen: Lokführer verdienen ganz nett, und das Personal in den Zügen auch. Häufige Bahnfahrer bemerken vielleicht die Zunahme von jungem, übermotiviertem Personal (hat es doch neulich der nette Kellner geschafft, mich zwischen Basel und Karlsruhe vollzutanken :D) in der Bahngastronomie. Warum? Weil das ausgebildete Hotel- und Gastroarbeiter sind, die deutlich bessere Bedingungen vorfinden als in der Gastrobranche.

Das Kernproblem: Wenn es losgeht, dass man für die gleiche Arbeit unterschiedlich entlöhnt wird, dann beginnt der Wettkampf zwischen den Gewerkschaften, wer den schneller gieriger wird. Das kann nicht gut gehen (was die Politik und die damals das unterstützende Wirtschaft bei der Liberalisierung der Tarifverträge hätten sehen sollen..), weil dann nur noch gestreikt wird. Es gibt doch jetzt bereits den Wettbewerb der Gewerkschaften: Wenn die EVGler das Gefühl hätten, sie wären schlecht vertreten, können sie ja zur GDL wechseln.

"Gleiche Arbeit, gleiches Geld" klingt ja gar nicht so absurd, oder? Ist ja auch (zu Recht!) das Ziel im Vergleich Entlöhnung Mann/Frau.

Langfristig ist die exzessive Streikerei ohnehin der helle Wahnsinn. Wer soll denn das alles zahlen, wenn man seine Kunden scharenweise vertreibt? Gerade jetzt, wo die Konkurrenz wach wird, fängt man an, die Kunden zu vergraulen. Und wenn jemand erst mal im Bus sitzt und merkt, dass das gar nicht so schlecht ist, dann bleibt der auch da.

Das Weselsky die neutrale Schlichtung ablehnt und als Streikgrund ansieht spricht ja auch Bände. Leider ist der Mann mittlerweile dermassen verrannt, dass er kaum ohne Gesichtsverlust zurückstecken kann. Wundert mich nur, dass die Gewerkschaft ihn noch trägt.

Ganz nebenbei sind GDL-Mitglieder auch bei anderen Bahnen als der DB, mit teilweise deutlich schlechteren Tarifverträgen. Warum streikt man eigentlich nicht auch dort?
 

Tupolew

Erfahrenes Mitglied
27.09.2012
1.520
711
Das Kernproblem: Wenn es losgeht, dass man für die gleiche Arbeit unterschiedlich entlöhnt wird, dann beginnt der Wettkampf zwischen den Gewerkschaften, wer den schneller gieriger wird.

Die Tarifeinheit ist die Regel, nicht die Ausnahme. Die Gewerkschaften haben selber gar kein Interesse, sich gegeneinander ausspielen zu lassen. Wenn es aber doch mal nötig ist, haben sie das Recht dazu, auch einen unabhängigen Tarifvertrag zu verlangen (nach derzeitigem Recht).

Ganz nebenbei sind GDL-Mitglieder auch bei anderen Bahnen als der DB, mit teilweise deutlich schlechteren Tarifverträgen. Warum streikt man eigentlich nicht auch dort?

Machen sie doch... Zuletzt am 06.12.2014: Aktuell-2014: Streik bei der RegioTram Gesellschaft
 
F

feb

Guest
Für die Hälfte seines Gehaltes? Eher für ein Zwölftel seines derzeitigen Monatsgehaltes! ;)

Weselsky verdient angabegemäß entsprechend Besoldungstufe A16, das wären also zwischen EUR 5389 und EUR 6836 monatlich. Gehe ich von der Obergrenze aus, läge sein Zugführergehalt nach deiner Schätzung mithin bei rd EUR 570.

Ernstlich?
 
F

feb

Guest
(...)
Das Kernproblem: Wenn es losgeht, dass man für die gleiche Arbeit unterschiedlich entlöhnt wird, dann beginnt der Wettkampf zwischen den Gewerkschaften, wer den schneller gieriger wird. Das kann nicht gut gehen (...)

Andernorts höre ich immer nur, dass Konkurrenz gut ist und das Fundament einer erfolgreichen Wirtschaft ist.
 

tabbs

Erfahrenes Mitglied
05.02.2015
928
449
Natürlich kann man hinterfragen, ob man die höheren Personalkosten allein den Lokführern in die Schuhe schieben kann, oder ob die Bahn nicht einen größeren Verwaltungskopf mit höheren Gehältern als die private Konkurrenz hat, aber ganz "unschuldig" sind die Gehälter der Lokführer auch nicht.
... wobei es schon interessant ist, dass andere Quellen andere Gründe für das Ausscheiden der DB aus dem RRX-Wettbewerb nennen. Die Rheinische Post mutmaßt, dass in der DB-Kalkulation "zu viel Ökostrom" der Tochter DB Energy steckte.

Noch einige eher praktische Infos: Zusätzlich zu den bekannten Optionen (Fernbusse, Mitfahrzentralen usw.) gibt es auch Aktionen wie "Wir bestreiken den Bahnstreik" in NRW. :) Der Titel ist vielleicht etwas großspurig, und die Aktion wendet sich offenbar ausschließlich an Facebook-Kunden, aber die Idee ist nicht schlecht. Und für Fahrten in der Stadt bzw. Region macht MyTaxi (Beispiel Hamburg) gerade ein Angebot: Wer per App zahlt, dem wird nur die Hälfte des üblichen Fahrpreises berechnet.
 

daukind

Erfahrenes Mitglied
03.02.2012
2.219
905
Von daher wünsche ich hier jedem, der sich für die gesetzliche tarifeinheit ausspricht einen guten Job und das er keine gewerkschaftliche Vertretung braucht

Niemand braucht eine Gewerkschaft. Es sind Relikte aus vergangenen Zeiten, die großen Schlachten sind geschlagen und die Arbeitnehmerrechte in Deutschland sind (mehr als) ausreichend. Die Lohnerhöhungen regelt der Markt, bzw. sollten Vorgesetzter und Arbeitnehmer regeln.

Wenn die Gewerkschaften endlich da sind wo sie hingehören: Im Mülleimer der Geschichte, dann heulen lediglich Weselsky und Bsirske. Das Geld fällt auf einmal nicht mehr vom Himmel und Funk und Fernsehen interessieren sich auch nicht mehr für einen.
 
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Anonym-36803

Guest
Inzwischen ist der Ersatzfahrplan für den Fernverkehr in der Verbindungssuche hinterlegt. Der Nahverkehr lässt noch etwas auf sich warten.
 

thaifoodpower

Erfahrenes Mitglied
08.01.2010
1.509
17
ZRH
Andernorts höre ich immer nur, dass Konkurrenz gut ist und das Fundament einer erfolgreichen Wirtschaft ist.

Tupolew meinte:
Die Tarifeinheit ist die Regel, nicht die Ausnahme. Die Gewerkschaften haben selber gar kein Interesse, sich gegeneinander ausspielen zu lassen. Wenn es aber doch mal nötig ist, haben sie das Recht dazu, auch einen unabhängigen Tarifvertrag zu verlangen (nach derzeitigem Recht).

Nur weil es nicht verschiedene Tarifverträge geben kann, gilt ja noch nicht keine Konkurrenz. Es ist ja auch weiterhin möglich, dass Arbeiter unzufrieden mit einer Gewerkschaft sind und dann zu einer anderen wechseln, die im gleichen Betrieb bessere Bedingungen holen kann. Sollten die Bedingungen bei der EVG dermassen schlecht sein, und die GDL die Lösung glaubhaft versprechen, wäre sie doch mittlerweile in den meisten Bereichen die Gewerkschaft mit der grösseren Mitgliederzahl.

Konkurrenz ist wichtig und gut, braucht aber Regeln. Das gilt sowohl für die Arbeitnehmer- als auch Arbeitgeberseite. Genausowenig wie wir (oder zumindest ich) einen entfesselten Kapitalismus wollen, wollen wir eine Diktatur der Kleinstgewerkschaften und das gegenseitige Zerfleischen zu Lasten aller. Man denke das ja mal zu Ende: Streik der IT-Sicherheitsleute, Streik der Telekombetreiber, Wasserversorgung, Energieversorgung,...

Tupolew meinte:
Machen sie doch... Zuletzt am 06.12.2014: Aktuell-2014: Streik bei der RegioTram Gesellschaft

Wusste ich nicht. Danke für den Hinweis :idea:
 
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thaifoodpower

Erfahrenes Mitglied
08.01.2010
1.509
17
ZRH

NCC1701DATA

WM-Tippgott 2010
07.03.2009
6.183
6
Duisburg
Sollen doch die Lokführer die Bahn, die Piloten die Airline kaputtstreiken - wir fahren dann alles im Auto.
Ach ne - geht ja auch nicht, weil Infrastruktur im Arsch (siehe Rheinbrücken in Leverkusen und Duisburg).
Dann scheiß auf die blöde Logistik - wir fressen wieder Kohl vom hinterm Haus.

Wer regt sich eigentlich darüber auf, dass die Südeuropäer - die genau diese Entwicklung bereits hinter sich haben - unsere Steuergelder wollen? Das wäre dann mangels Masse nämlich auch nicht mehr möglich.

:p
 

Tupolew

Erfahrenes Mitglied
27.09.2012
1.520
711
Konkurrenz ist wichtig und gut, braucht aber Regeln. Das gilt sowohl für die Arbeitnehmer- als auch Arbeitgeberseite. Genausowenig wie wir (oder zumindest ich) einen entfesselten Kapitalismus wollen, wollen wir eine Diktatur der Kleinstgewerkschaften und das gegenseitige Zerfleischen zu Lasten aller. Man denke das ja mal zu Ende: Streik der IT-Sicherheitsleute, Streik der Telekombetreiber, Wasserversorgung, Energieversorgung,...

Genau, warum streiken diese Berufsgruppen eigentlich nicht? In Deutschland ist Solidarität nicht mehr gefragt, oder anders formuliert: Wie sollen wir es denn schaffen, Solidarität z.B. für Flüchtlinge in der breiten Masse zu bekommen, wenn wir es noch nicht einmal schaffen, solidarisch mit dem (exemplarischen) Lokführer von nebenan zu sein. Und meiner Meinung nach zeigt sich die fehlende Solidarität mittlerweile auch in den Streikzahlen: In Deutschland gibt es im Schnitt gerade mal 2,4 Streiktage. Zum Vergleich:
- Spanien 144
- Frankreich 71
Aber auch andere Länder, denen man nicht vorwirft, "faule Südländer" zu sein, sind streikfreudiger:
- Norwegen 79 (Platz 3!)
- Großbritannien 24
- Niederlande 8
- Schweiz 3

Es kann viele Gründe haben, warum dort mehr und hier weniger gestreikt wird, manche werden als Argument auch einfach ein gutes Verhandlungsklima nennen. Ob es auch so ist, ist irrelevant. Worum es mir geht: In Deutschland sind Streiks aus dem Blickfeld der Gesellschaft verschwunden und wenn dann doch mal jemand streikt und dabei sogar noch die Allgemeinheit drunter "leidet", ist die Wirkung umso größer. Aber von einer "Diktatur der Kleinstgeswerkschaften" kann man nun wirklich nicht sprechen. Außerdem hat die GDL immerhin 34.000 Mitglieder.
 
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Airsicknessbag

Megaposter
11.01.2010
21.905
16.002
In Deutschland ist Solidarität nicht mehr gefragt

Solidaritaet muss man sich leisten koennen. Wer selber prekaer beschaeftigt ist, bringt den streikenden quasi-verbeamteten Lokfuehrern, die fuer Hauptschueler ein fuerstliches Gehalt nach Hause bringen, keine Solidaritaet entgegen.

Bekommt aber auch umgekehrt keine, wenn u.a. hohe Personalkosten die Ticketpreise in fuer manche unerschwingliche Hoehen treiben.


So ist das halt mit der Verteilung, oder auch "Verteilungsgerechtigkeit" - wenn nicht genug fuer alle da ist, hat die Solidaritaet erst einmal Pause.
 

thaifoodpower

Erfahrenes Mitglied
08.01.2010
1.509
17
ZRH
Genau, warum streiken diese Berufsgruppen eigentlich nicht? In Deutschland ist Solidarität nicht mehr gefragt, oder anders formuliert: Wie sollen wir es denn schaffen, Solidarität z.B. für Flüchtlinge in der breiten Masse zu bekommen, wenn wir es noch nicht einmal schaffen, solidarisch mit dem (exemplarischen) Lokführer von nebenan zu sein. Und meiner Meinung nach zeigt sich die fehlende Solidarität mittlerweile auch in den Streikzahlen: In Deutschland gibt es im Schnitt gerade mal 2,4 Streiktage. Zum Vergleich:
- Spanien 144
- Frankreich 71
Aber auch andere Länder, denen man nicht vorwirft, "faule Südländer" zu sein, sind streikfreudiger:
- Norwegen 79 (Platz 3!)
- Großbritannien 24
- Niederlande 8
- Schweiz 3

Es kann viele Gründe haben, warum dort mehr und hier weniger gestreikt wird, manche werden als Argument auch einfach ein gutes Verhandlungsklima nennen. Ob es auch so ist, ist irrelevant. Worum es mir geht: In Deutschland sind Streiks aus dem Blickfeld der Gesellschaft verschwunden und wenn dann doch mal jemand streikt und dabei sogar noch die Allgemeinheit drunter "leidet", ist die Wirkung umso größer. Aber von einer "Diktatur der Kleinstgeswerkschaften" kann man nun wirklich nicht sprechen. Außerdem hat die GDL immerhin 34.000 Mitglieder.

Ich will gar nicht auf den Streiktagevergleich eingehen - da gibt es sicher einen Haufen Gründe und das ist eine andere Diskussion.

Auf zwei Punkte möchte ich eingehen, wo ich eine andere Meinung habe:

Solidarität. Ein schönes Wort. Aber es gilt in zwei Richtungen, und die GDL zeigt sich wenig solidarisch allen anderen gegenüber. Warum soll jemand solidarisch sein mit einem Lokführer, wenn er es nicht einmal gegenüber seinem Kollegen ist, der in der gleichen Firma schafft? Es ist ja nicht grundsätzlich der Recht, der streikt, nur weil er streikt. In diesem Streik (und ich meine spezifisch diesen, da der Eindruck sich hier aufdrängt), sehe ich keinerlei Sozialromantik des Kampfes gegen die Unterdrückung und der Auflehnung gegen die Ausbeuter. Alle Forderungen, die sich auf Entlohnung und Arbeitsbedingungen beziehen, werden nach dem Angebot der Bahn ja zu >90% erfüllt (!). Kompromiss und goldene Mitte sehen anders aus. Es geht ja um Macht, und zwar nicht der Gewerkschaft gegenüber dem "bösen" Arbeitgeber, sondern gegenüber einer anderen Gewerkschaft.

Grösse der GDL Nun gut, mit ihren 34K ist sie nicht winzig. Aber die 34K möge man sehen gegenüber 209K bei der EVG und 307K Mitarbeitern im ganzen DB Konzern. Oder man vergleiche die 34K der GDL mit den 2270K der IGM, 2040K bei verdi und 660K bei der IGBCE..

Verstehe mich nicht falsch: Ich bin grundsätzlich für das Streikrecht. Aber dieser hier scheint mir nach einem Exzess, und wenn die Situation überdehnt wird, schlägt es irgendwann auf die andere Seite aus. Es ist eben zu befürchten, dass auf der Welle der Gegenreaktionen im Sommer ein Gesetzt kommt, dass zu viele Restriktionen bringt. Und dann sogar noch aus dem Haus einer sozialdemokratischen Politikerin (!).
 

Bayer59

Erfahrenes Mitglied
18.09.2013
3.826
884
Weselsky verdient angabegemäß entsprechend Besoldungstufe A16, das wären also zwischen EUR 5389 und EUR 6836 monatlich. Gehe ich von der Obergrenze aus, läge sein Zugführergehalt nach deiner Schätzung mithin bei rd EUR 570.

Ernstlich?

Ich zweifelte an, dass Herr Weselsky "nur" entsprechend A16 verdient. Nicht das normale Zugführergehalt. ;)

Nach den Presseveröffentlichungen scheint das aber wirklich in Richtung A16 zu gehen. Hätte gedacht, er würde eher im Bereich 12.000 - 15.000 Euro mtl. liegen.
 
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Airsicknessbag

Megaposter
11.01.2010
21.905
16.002
Fuer den Beamtenlokfuehrer ist mW in A8, also der hoechsten Besoldungsstufe des mittleren Dienstes, Schluss, als Hauptlokomotivfuehrer.
 

Tupolew

Erfahrenes Mitglied
27.09.2012
1.520
711
Solidarität. Ein schönes Wort. Aber es gilt in zwei Richtungen, und die GDL zeigt sich wenig solidarisch allen anderen gegenüber. Warum soll jemand solidarisch sein mit einem Lokführer, wenn er es nicht einmal gegenüber seinem Kollegen ist, der in der gleichen Firma schafft? Es ist ja nicht grundsätzlich der Recht, der streikt, nur weil er streikt. In diesem Streik (und ich meine spezifisch diesen, da der Eindruck sich hier aufdrängt), sehe ich keinerlei Sozialromantik des Kampfes gegen die Unterdrückung und der Auflehnung gegen die Ausbeuter. Alle Forderungen, die sich auf Entlohnung und Arbeitsbedingungen beziehen, werden nach dem Angebot der Bahn ja zu >90% erfüllt (!). Kompromiss und goldene Mitte sehen anders aus. Es geht ja um Macht, und zwar nicht der Gewerkschaft gegenüber dem "bösen" Arbeitgeber, sondern gegenüber einer anderen Gewerkschaft.

Nach der aktuellen Rechtslage ist es aber auch eindeutig: Es gibt kein Gesetz zur Tarifeinheit, die GDL hat das Recht dazu, einen Tarifvertrag auch für ihre Zugbegleiter zu fordern. Wie schon erwähnt, ist die Tarifeinheit trotzdem ein Element, welches zwischen den Gewerkschaften in der Regel eingesetzt wird. Lassen wir mal das Motiv der GDL außen vor, so ist es aber trotzdem so, dass die Bahn der GDL bisher noch keinen einzigen winzigen Schritt in der Frage entgegen gekommen ist. Und in diesem Punkt würde ich dann die "Schuld" gleichverteilen auf die Schultern der GDL und der Bahn, denn in dieser Frage sind beide Dickköpfe. Ein Grund (der Zweite kommt weiter unten), warum ich jetzt so stark die GDL verteidige ist, dass sie als alleiniger Verursache der Konflikts dargestellt wird und Medien und Politiker gleichermaßen sogar persönlich gegen die Person Weselsky wettern. Auch für mich - und das kann man denke ich auch in allen meinen Beiträgen herauslesen - ist die Welt nicht schwarz-weiß und natürlich kenne ich auch die Rolle der GDL in dem Konflikt.

Verstehe mich nicht falsch: Ich bin grundsätzlich für das Streikrecht. Aber dieser hier scheint mir nach einem Exzess, und wenn die Situation überdehnt wird, schlägt es irgendwann auf die andere Seite aus. Es ist eben zu befürchten, dass auf der Welle der Gegenreaktionen im Sommer ein Gesetzt kommt, dass zu viele Restriktionen bringt. Und dann sogar noch aus dem Haus einer sozialdemokratischen Politikerin (!).

Das ist der zweite Grund, warum ich umso solidarischer mit der GDL bin. Die Tarifeinheit ist ein gutes Prinzip, solange es den Gewerkschaften überlassen wird. Hier wird wieder mit Kanonen auf Spatzen geschossen und ein Recht, wo viele Menschen hart für gekämpft haben, ein kleines Stück einzuschränkt. Gleiches passiert gerade massiv bei den Bürger und Menschenrechten. Zusätzlich wird immer nur halbherzig auf aktuelle Themen mit irgendwelchen schlecht durchdachten Gesetzen reagiert.[1] Die Quittung bekommt die SPD spätestens wieder einmal 2017, denn eine Partei ohne Profil wählt niemand muss CDU heißen, um gewählt zu werden.


[1] Leseempfehlung dazu: Die Kolumne von Thomas Fischer, BGH Richter, in der Zeit. http://www.zeit.de/serie/fischer-im-recht
 
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pmeye

Guest
Weil hier immer wieder eine angebliche Solidarität vorgebracht wird sei die Frage gestattet: Mit wem genau sind jetzt die Lokführer solidarisch? Mit sich selbst? Maximierer also? Wer sich als Klassenkämpfer darstellt muss auch solidarisch sein und zwar nicht nur mit sich selbst!
 

Tupolew

Erfahrenes Mitglied
27.09.2012
1.520
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Weil hier immer wieder eine angebliche Solidarität vorgebracht wird sei die Frage gestattet: Mit wem genau sind jetzt die Lokführer solidarisch? Mit sich selbst? Maximierer also? Wer sich als Klassenkämpfer darstellt muss auch solidarisch sein und zwar nicht nur mit sich selbst!

Ich zitiere mal Wikipedia:
http://de.wikipedia.org/wiki/Solidarit%C3%A4t meinte:
Solidarität (abgeleitet vom lateinischen solidus für gediegen, echt oder fest; Adjektiv: solidarisch) bezeichnet eine, zumeist in einem ethisch-politischen Zusammenhang benannte Haltung der Verbundenheit mit – und Unterstützung von – Ideen, Aktivitäten und Zielen anderer. Sie drückt ferner den Zusammenhalt zwischen gleichgesinnten oder gleichgestellten Individuen und Gruppen und den Einsatz für gemeinsame Werte aus (vgl. auch Solidaritätsprinzip).

Solidarität bedeutet also nicht Rücksichtnahme, von daher hinkt der Vergleich, dass die Lokführer doch mal solidarisch mit den Fahrgästen sein sollten, gewaltig. Solidarität können die Lokführer zeigen, wenn z.B. die Busfahrer mal streiken. (Wie sieht es eigentlich da mit den Arbeitsbedingungen aus? Und haben die eine Gewerkschaft?)