Ich gehe normalerweise bevorzugt in Luxushotels, bin aber kein Snob. Ich war mit Schwiegereltern unterwegs, die nur Pauschalurlaub in Europa kennen und die sind völlig ausgeflippt, wie furchtbar das war. Also unabhängig vom sonstigen Reiseniveau fanden wir es schrecklich.
Man muss übrigens eine Tourismusabgabe beim Checkin am Flughafen bezahlen (ca. 30 Euro pro Person) und ein Rückflugticket von San Andrés vorweisen, sonst darf man nicht fliegen.
Aber etwas mehr im Detail.
San Andrés:
San Andrés hat ein Zentrum, das direkt am Flughafen liegt. Zum Umsteigen ganz nett, weil man in fünf Minuten vom Flughafen zum Strand laufen kann, wo es eine ganz nette Cocktailbar gibt.
Ansonsten ist das Zentrum furchtbar hässlich und wild. Dritte Welt eben.
Am Strand gibt es eine Promenade und jede Menge Billighotels. Es gibt dort ein All-Inclusive-Hotel, das ganz ok aussah, das
Decameron Isleño. Das ist halt so TUI-Familienstandard, soweit ich das beurteilen konnte. In den Zimmern war ich nicht, das Hotel war ausgebucht. Ansonsten sind die Hotels simpelster Standard, die Reviews größtenteils vernichtend.
Es gibt wohl noch einen anderen Strand, Cocoplum Beach bzw. Sound Bay. Soll schöner sein als der Haupt-Stadtstrand, aber es gibt dort wohl viele, aufdringliche streunende Hunde. Wir sind aus Zeitgründen nicht mehr dorthin. Es gibt dort wohl sonst wenig, kaum Restaurants und laut Google nur einen Supermarkt, der aber nur einmal pro Woche mit frischer Ware beliefert wird und deshalb schon mal verschimmeltes Obst verkauft. Es war einfach nur irre voll, wild, keine ordentlichen Hotels, dazu praktisch alles ausgebucht wegen Silvester und teuer. Das Hotel Casablanca sollte ca. 260€ die Nacht kosten (eines der besten Hotels angeblich) und war ca. 2- bis 3-Sterne-Standard in europäischer Kategorie.
Insgesamt hatte es etwas von Mallorca in billig und ärmlich. Dann lieber gleich Malle.
Providencia:
Der erste Eindruck war super. Man fliegt mit einem kleinen Flugzeug (Beechcraft 1900D/LET L-410) ohne Cockpit-Türen über türkises Wasser und landet unter Palmen. Definitiv die coolsten Flüge, die ich je hatte. Leider hört es dann aber wieder auf. Die Insel ist arm. Richtig arm. Überall stehen rostende Autowracks, Müll liegt herum. Die Inselbevölkerung scheint größtenteils arbeitslos zu sein und lungert irgendwo herum. Die Taxis sind halb auseinanderfallende Autos diverser Marken, ansonsten gibt es keine Autos auf der Insel. Dafür aber Mopeds und Motorräder, die mit viel Krach über die Insel brettern. Die Insel ist zwar dünn besiedelt, aber es ist genug, dass es nervt und stinkt. Gern grüßt man im Vorbeifahren, was dazu führt, das man also die Kombination aus Mopedgeknatter und Kreol-Geschrei hat. Auch nachts. Die Grundstücke sind größtenteils verwildert, Häuser sind mehr Ruinen, viele Häuser sind ganz offensichtlich aus dem gebaut, was man gerade so da hatte, schief, nicht verputzt, keine Fenster etc. An den nicht verputzten Häusern steht dann z.B. "Eco Lodge" - genau mein Humor.
Das "Luxushotel" Deep Blue ist etwa Drei-Sterne-Standard, das Personal nicht geschult, Service auf Level von McDonald's, bestenfalls. Bei 250 Euro pro Nacht.
Zwischen "Hotel" und Restaurant liegt die Hauptstraße (es gibt nur eine Straße, die einmal um die Insel geht, aber das ist quasi eine Parallelstraße zur Hauptstraße an der Küste entlang). Wie gesagt, zu jeder Tages- und Nachtzeit fahren dort Mopeds und Leute rufen sich etwas zu. Auch mitten in der Nacht. Das Hotel hat keinen Strand (wussten wir) und hat nur einen Mini-"Pool", der ca. 40 cm tief ist (wussten wir, hatten wir aber vergessen - haben ihn nur per Zufall 10 Minuten vor Abreise gefunden, hatte uns niemand gezeigt). Das Restaurant dieses "Luxushotels" hat nicht einmal Tischdecken auf den Tischen, das Personal unfreundlich. Zum Frühstück wird gewürfelt, was es gibt. Orangensaft? Ist aus. Mangosaft? Ist aus. Dann eben Traubensaft. Fünf Minuten später bekommt der Nachbartisch Mangosaft. So lief das jeden Tag. Interessiert hat es das Personal nicht, es gab ohnehin mit der Bedienung eine Sprachhürde, da dort weder Spanisch noch Englisch richtig gesprochen wird, Muttersprache ist eben Kreol. Die Insel ist 4x7 Km groß. Nun sollte man ja meinen, na ja, zum Strand ist es ja nicht weit. Doch: 25 Minuten mit dem Golfcart, vielleicht etwas weniger mit dem Taxi (außer Taxis gibt es ja keine Autos auf der Insel). Das Meer war braun vom aufgewühlten Sand. Auf San Andres war es immerhin klarer (sagte meine Freundin, ich war nicht drin, da ich verzweifelt mit Umbuchen beschäftigt war). An den Stränden selbst gab es quasi NICHTS. Die Strand-"Bars" hatten nur Plumpsklos. Und halb auseinanderfallende Plastik-Stühle ohne Kissen. U.U. nicht mal fließendes Wasser.
Es scheint große Probleme mit Prostitution zu geben, wir mussten beim Checkin unterschreiben, dass wir keine externen Personen mit aufs Zimmer nehmen, ansonsten würde man uns sofort rausschmeißen und kein Geld erstatten. Das Schloss zu unserem Zimmer war defekt, der Handwerker trug eine elektronische Fußfessel.
Am Flughafen hingen Plakate, wie man Drogenabhängigkeit und Alkoholismus bei sich erkennen könne. Auf einem Feld wurden jemandem mit einem Elektrorasierer die Haare geschnitten.
Es war einfach nur Armut und Elend und furchtbar deprimierend, die Leute taten mir so leid.
Aber wir haben auch ein paar Deutsche aus Tübingen getroffen, die es wohl "idyllisch" fanden. Ich habe für solche Leute nur Verachtung übrig. Man kommt aus dem Luxus (egal, wie viel man verdient, als Deutscher ist es ja Luxus im Vergleich) und ergötzt sich am Elend anderer, die ja nicht so "kapitalistisch" leben, oder was immer einen dazu treibt, sich das anzuschauen. Ist für mich das allerletzte.