LG Köln: Lufthansa darf für Umbuchung nach Annullierung keine Zuzahlung verlangen

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thbe

Erfahrenes Mitglied
27.06.2013
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9.876
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Wie begruendet?

Also ich bin kein Jurist, aber EG 261|2004 ist doch da eindeutig was Ersatbefoerderung angeht....

In EU261 steht “vorbehaltlich verfügbarer Plätze”. Da kann man bei Buchungsklassenwechsel immerhin drüber diskutieren. Eindeutig geht anders.

Dass man als Kunde bei Umbuchung zum Wunschtermin nach Storno mit langen Vorlauf beliebig die Buchungsklasse ändern kann, war wohl eher nicht der Wille des Gesetzgebers. Zu Coronazeiten ergibt das noch weniger Sinn.

Die LH könnte bei krassen Fällen erst Umbuchen und dann Downgraden.

Allerdings dachte ich bisher, dass es im konkreten Fall gar keinen Buchungsklassenwechsel gab.
 

MrGroover

Master of the 737
30.04.2012
2.714
9
Du solltest die EG 261/2004 nochmals genau lesen. Ich bezweifle ganz stark, dass du dort den Begriff "Buchungsklasse" findest. Es ist immer von Reiseklasse die Rede. Für die tatsächlich betroffene Reise am Tag X zur Zeit Y ist es auch nicht mehr relevant, welche Tarifoptionen man ursprünglich gebucht hatte. Da geht es nur darum: Flug findet wie vereinbart statt oder nicht. Daher: Über die Buchungsklasse gibt es keinen Hebel.
 

bitnapper

Erfahrenes Mitglied
18.04.2009
648
69
Bodensee
Dann kann LH ja durch die Steuerung der Verfügbarkeit der Buchungs Klassen die Regelungen der Fluggastrechte einfach aushebeln.

Aus eigener Erfahrung: über Wochen F8 A0 kann jede Umbuchung aus stornierten Flügen in der A Klasse ganz einfach verhindern.

Das kann ja wohl auch nicht sein.
 

Fare_IT

Erfahrenes Mitglied
06.12.2012
4.492
20
Farewell City
(...) Aktuell gibt es dem Vernehmen nach in Deutschland keine IATA Agentur die einen einzigen Refund seitens Lufthansa genehmigt bekommen hat (...)

** Update 04.06.

Dem Vernehmen nach haben erste deutsche IATA Agenturen (Reisebuero) Erstattungen für seitens der Lufthansa annullierte Fluege (im Zuge Corona) erhalten.

Das erste Mal seit Ende Februar.

Die Erstattungen sind "Full refunds" (also komplette - unangeflogene Tickets), genauso wie "partial refunds" (also Teilerstattungen, von angeflogenen Tickets).

Damit muss festgestellt werden, dass die bisherige Unterstellung "es passiere nichts" in Sachen Lufthansa Erstattungen nicht zutreffend ist.

** Diese Erstattungen sind allesamt ohne Mahnung / gerichtl Mahnverfahren veranlasst worden.
 
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thbe

Erfahrenes Mitglied
27.06.2013
9.444
9.876
Du solltest die EG 261/2004 nochmals genau lesen. Ich bezweifle ganz stark, dass du dort den Begriff "Buchungsklasse" findest. Es ist immer von Reiseklasse die Rede. Für die tatsächlich betroffene Reise am Tag X zur Zeit Y ist es auch nicht mehr relevant, welche Tarifoptionen man ursprünglich gebucht hatte. Da geht es nur darum: Flug findet wie vereinbart statt oder nicht. Daher: Über die Buchungsklasse gibt es keinen Hebel.

Das in den Anführungsstrichen meines Beitrags ist ein wortwörtliches Zitat aus EU261 im einschlägigen Kontext: „vorbehaltlich verfügbarer Plätze“. Im direkten Kontext steht weder was von Buchungs- noch von Reiseklasse. Ich hatte mich auf den Beitrag bezogen, EU261 sei hier eindeutig. EU261 ist hier aber eindeutig nicht eindeutig.

Einen juristischen Schluss habe ich nicht gezogen. Ob freie Plätze in der Buchungs- oder in der Kabinenklasse: Für mich wären nach EU261 beide Schlüsse möglich.

Im Ausgangsfall von kexbox war meines Wissens die gleiche Buchungsklasse verfügbar. Unter dieser Voraussetzung halte ich EU261 auch für eindeutig.

Bin wohl einer der wenigen hier, die EU261 gelesen haben. Die meisten lassen es sich hier ja interpretieren, bevorzugt mit maximal positiver Prognose. Auch wortwörtliche Zitate werden nicht erkannt.
 

thbe

Erfahrenes Mitglied
27.06.2013
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Dann kann LH ja durch die Steuerung der Verfügbarkeit der Buchungs Klassen die Regelungen der Fluggastrechte einfach aushebeln.

Aus eigener Erfahrung: über Wochen F8 A0 kann jede Umbuchung aus stornierten Flügen in der A Klasse ganz einfach verhindern.

Das kann ja wohl auch nicht sein.

Ja, da gebe ich Dir recht. Allerdings ist das auch nicht im Interesse der LH, weil sie dann viel weniger verkauft. Die Zielgruppe für F-Tarife ist noch deutlich kleiner als die für A-Tarife.

Jetzt günstige P-Tickets für wahrscheinlich stornierte Flüge zu buchen und damit einen Freischein für C/D/J zu haben, ergibt m. E. auch keine Sinn. Da könnte die LH eher über Downgrades regulieren. 75% von einem Billigtarif zurückzahlen zu müssen, kann die günstigste Variante sein.
 

sweet

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25.02.2014
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kexbox

Erfahrenes Mitglied
04.02.2010
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www.drboese.de
Jetzt günstige P-Tickets für wahrscheinlich stornierte Flüge zu buchen und damit einen Freischein für C/D/J zu haben, ergibt m. E. auch keine Sinn.
Du meinst, ein Passagier weiß besser, was annulliert wird, als eine Airline? Oder würdest Du etwa sagen wollen, eine Airline spiegele wahrheitswidrig vor, eine Gegenleistung für eine (teils bedeutende) Zahlung erbringen zu wollen, obwohl das gar nicht stimmt?
Dünnes Eis, wie ich finde. Buchungsklassen sind Revenue-Instrumente, haben aber nichts damit zu tun, dass ein Stück Fleisch von A nach B befördert werden muss.
 

MrGroover

Master of the 737
30.04.2012
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Einen juristischen Schluss habe ich nicht gezogen. Ob freie Plätze in der Buchungs- oder in der Kabinenklasse: Für mich wären nach EU261 beide Schlüsse möglich.
Was wird denn in dem Fall gemacht, dass der Pax am Flughafen steht, der Flug kurzfristig annulliert wurde und nun auf die frühest mögliche Verbindung umgebucht werden soll? Lassen wir mal Status und gewisse Prioritäten außen vor. Wird einem Pax in K light (niedrigste Buchungsklasse, Tarif ohne irgendwas, zumindest LH Gruppe) dann gesagt: Nun lieber Pax, die frühestmögliche Verbindung in der vorliegenden Konstellation ist leider am St. Nimmerleinstag. Bis dahin musst du leider warten. Hier ist ein Verzehrgutschein über €10 und €0,20 für einen Anruf. Sicherlich finden sich Berichte dazu, dass dies so vorkommt, weil zunächst die Airline versucht, mit eigenem Gerät die Ersatzbeförderung zu ermöglichen. Nur wenn es eben deutlich bessere Optionen gibt, sollte der Pax darauf bestehen, dies zu bekommen. Der EG ist es allerdings egal, wie die Airline das Problem letztlich nach den Vorgaben des Textes löst.

Zurück zu dem "vorbehaltlich freier Sitzplätze": Es interessiert die EG nur in einem sehr weiten Rahmen, wie der Vertrag zwischen Pax und Airline zustande kam und schon gar nicht, wie die Bedingungen des Vertrages genau ausschauen. Art 3, Absatz (3):
Diese Verordnung gilt nicht für Fluggäste, die kostenlos oder zu einem reduzierten Tarif reisen, der für die Öffentlichkeit nicht unmittelbar oder mittelbar verfügbar ist. Sie gilt jedoch für Fluggäste mit Flugscheinen, die im Rahmen eines Kundenbindungsprogramms oder anderer Werbeprogramme von einem Luftfahrtunternehmen oder Reiseunternehmen ausgegeben wurden.
Es ist im Umfeld dieses Textes auch noch weiter definiert, worum es der Verordnung geht (bestätigte Beförderungsleistung).

Und wenn du nun noch den Satz mit deinem drei Worte umfassenden Zitat vollständig liest, sollte dir ein :idea: aufgehen:
anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zu einem späteren Zeitpunkt nach Wunsch des Fluggastes, vorbehaltlich verfügbarer Plätze.
Da steht eindeutig Reisebedingungen, nicht Buchungsumstände, Buchungsklassen, Tarifbedingungen oder auch Wetterlagen. Wenn nun mindestens die Reiseklasse im Rahmen der Beförderungsleistung nicht zu den Reisebedingungen zählt, bin ich ratlos. Streitbar wäre in dem Zusammenhang, wenn man statt LH mit LX fliegen möchte, oder einer anderen Airline, die nach Bewertung des Passagiers bessere Reisebedingungen verspricht, im Rahmen der EG aber gleichwertig ist (Eco = Eco, oder First = First). Hier sagt die EG nicht aus, dass zwingend die gleiche Streckenführung zum Endziel genutzt werden muss. Bei Wegfall einer Teilstrecke mit den gleichwertigen Reisebedingungen muss man sich zwangsläufig anders einigen. Da ließe sich auslegen, dass es keine verfügbaren Sitzplätze gibt und somit die Möglichkeit nicht zur Verfügung steht (bspw. Wegfall First, schwieriger: Business in A321 statt bspw. A330 (FRA-CAI)).

In Summe bleibt, siehe auch Eingangsbeispiel: nicht alles, was die Airline versucht, ist so von der EG vorgesehen oder legitimiert. Letztlich versucht die Airline erst einmal, eine für sie bessere Einigung zu erzielen. Es steht dem Pax ja auch frei, dies anzunehmen und nicht auf die wörtliche/genaue Auslegung der EG zu bestehen. Die EG regelt Ansprüche des Pax, aber nur bedingt die Verpflichtungen der Airline, was sie zwangsläufig machen muss. Für alles andere muss der betroffene Pax aktiv werden (Anspruch auf Ausgleichszahlung statt Verpflichtung zur Ausgleichszahlung).
 

thbe

Erfahrenes Mitglied
27.06.2013
9.444
9.876
Du meinst, ein Passagier weiß besser, was annulliert wird, als eine Airline? Oder würdest Du etwa sagen wollen, eine Airline spiegele wahrheitswidrig vor, eine Gegenleistung für eine (teils bedeutende) Zahlung erbringen zu wollen, obwohl das gar nicht stimmt?
Dünnes Eis, wie ich finde. Buchungsklassen sind Revenue-Instrumente, haben aber nichts damit zu tun, dass ein Stück Fleisch von A nach B befördert werden muss.

Recht anstrengend hier.

BudetTrveller sieht EU261 als eindeutig an, obwohl EU261 mit der Formulierung "vorbehaltlich freier Plätze" eben nicht eindeutig ist.

MrGroover sagt mir, ich solle EU261 lesen, obwohl ich mit einem wortwörtlichem Zitat aus EU261 argumentiert habe. Das sollte jeder erkennen, der zum Thema diskutiert. So umfangreich ist EU261 Art. 8 (1) c) ja nicht.

Sweet entgegnet, man könne bei Downgrades auch mehr als 75% erhalten und verweist auf einen Website, in der ein Beispiel aufgeführt wird, in dem man 56% statt 28% erhalten kann. Dass beides nicht mehr als 75% sind, sollte auf Anhieb erkennbar sein. In der Praxis und bei günstigen Ausgangspreisen sind mehr als 75% nicht realistisch.

Jetzt polemisierst Du, eine Airline, die in Corona-Zeiten Flüge anbietet, spiegele etwas wahrheitswidrig vor. Du weißt doch, dass derzeit alle zukünftigen Flüge unter dem besonderen Vorbehalt stehen, aufgrund von bestehenden Einreisebeschränkungen und möglichen weiteren Wellen nicht durchgeführt zu werden. Die "wahrheitsliebende" Alternative wäre, aktuell - und wohl noch bis nächstes Jahr - so gut wie gar keine Flüge anzubieten. Ob das nun ein realistisches und befriedigendes Szenario darstellt?

Und natürlich gab und gibt es Flüge, die angeboten wurden, obwohl das Risiko des Stornos selbst in der Corona-Zeit besonders hoch war. Dass solche "Chancen" genutzt werden, weiß auch jeder, der auf VFT mit liest.

Deine Argumentation in Sachen Fleisch von A nach B ist mir bekannt. Das kann ich auf Basis BGB auch nachvollziehen. Auf Basis EU261 jedoch nicht. Wenn EU261 von "vorbehaltlich freier Plätze" spricht, dann lässt das m. E. sehr wohl Interpretationsspielraum. Ein freier Platz im Cockpit ist sicher nicht gemeint. Besteht ein Anspruch auf einen freien Platz in F, wenn man Eco gebucht hat und diese ausgebucht ist? Darauf zielst auch Du nicht ab. Da ist der Schritt zum freien Platz in derselben Buchungsklasse nicht weit.

Wie gesagt, für mich ist die Interpretation von EU261 Art. 8 (1) c) nicht eindeutig. Und abgesehen von Argumenten jenseits von Polemik wurde noch nichts eingebracht, was eine Eindeutigkeitsthese untermauert,
 
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13.01.2011
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Bist Du Jurist (ehrliche Frage, ich habe nicht verfolgt, ob Du das mal mitgeteilt hast)? Wenn ja, kennst Du doch die anerkannten juristischen Auslegungsmethoden, derer sich Juristen bei der Betrachtung nicht eindeutig formulierter Vorschriften bedienen. Telos und Genese der Norm, Systematik usw. Wenn man diese Auslegungsgrundsätze anlegt, d.h. sich vergegenwärtigt, dass die Verordnung genuines Verbraucherschutzrecht ist und nicht dem Schutz des Revenue-Managements der Airlines dient, ihre historischen Wurzeln in dem Wunsch lagen, Tricksereien der Airlines zu Lasten ihrer Kunden einen Riegel vorzuschieben, wenn man in der gesamten Verordnung die Verwendung der Begriffe "Klasse" und "Plätze" analysiert usw. usw., würde wohl nur ein sehr verzweifelter In-House-Jurist einer Airline auf das Auslegungsergebnis kommen, das Du vorschlägst.
 
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thbe

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27.06.2013
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Was wird denn in dem Fall gemacht, dass der Pax am Flughafen steht, der Flug kurzfristig annulliert wurde und nun auf die frühest mögliche Verbindung umgebucht werden soll?.

Dieser Fall entspricht EU261 Art. 8 (1) b). EU261 Art. 8 (1) b) und EU261 Art. 8 (1) c) unterscheiden sich. In EU261 Art. 8 (1) b) steht nichts von "vorbehaltlich freier Plätze". Das stützt übrigens die Argumentation, dass die freien Plätzen doch einschränkender gemeint sind, ggf. bis hin zur Buchungsklasse. Denn EU261 Art. 8 (1) b) gilt ja auch nicht für vollkommen ausgebuchte Flüge. EU261 will ja sicher nicht, dass man einen Passagier stehen lässt, um einen anderen mitzunehmen. Mit "vorbehaltlich freier Plätze" ist also nicht gemeint, dass es um nicht ausgebuchte Flüge geht. Denn dann wäre die Ergänzung nur bei EU261 Art. 8 (1) c ) sinnlos. Es geht um freie Plätze in derselben - und dann wird es uneindeutig.

Ich gehe hier übrigens von Fällen nach EU261 Art. 8 (1) c) aus. Es ist meines Erachtens im Szenario von Umbuchungen nach Corona-Stornos auch sehr unwahrscheinlich, dass es um den Flug zum frühestmöglichen Zeitpunkt geht.

Da steht eindeutig Reisebedingungen, nicht Buchungsumstände, Buchungsklassen, Tarifbedingungen oder auch Wetterlagen.

Und deshalb ergibt sich immer noch kein eindeutiger Anspruch des Kunden, nach EU261 Art. 8 (1) c) in alle Buchungsklassen der gleichen Kabinenklasse umbuchen zu dürfen. Du interpretierst einen logischen Schluss, den es so nicht gibt. Diese Formulierung dient dazu, dass der Passagier nicht unter schlechteren Bedingungen fliegen muss. Sie dient nicht dazu, die Auswahlmöglichkeiten bei der Umbuchung zu erweitern.
 

thbe

Erfahrenes Mitglied
27.06.2013
9.444
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Bist Du Jurist (ehrliche Frage, ich habe nicht verfolgt, ob Du das mal mitgeteilt hast)? Wenn ja, kennst Du doch die anerkannten juristischen Auslegungsmethoden, derer sich Juristen bei der Betrachtung nicht eindeutig formulierter Vorschriften bedienen. Telos und Genese der Norm, Systematik usw. Wenn man diese Auslegungsgrundsätze anlegt, d.h. sich vergegenwärtigt, dass die Verordnung genuines Verbraucherschutzrecht ist und nicht dem Schutz des Revenue-Managements der Airlines dient, ihre historischen Wurzeln in dem Wunsch lagen, Tricksereien der Airlines zu Lasten ihrer Kunden einen Riegel vorzuschieben, wenn man in der gesamten Verordnung die Verwendung der Begriffe "Klasse" und "Plätze" analysiert usw. usw., würde wohl nur ein sehr verzweifelter In-House-Jurist einer Airline auf das Auslegungsergebnis kommen, das Du vorschlägst.

Dann erkläre mir mal, was der Gesetzgeber damit gemeint hat, dass in EU261 Art. 8 (1) c) der Vorbehalt freier Plätze steht, dieser in EU261 Art. 8 (1) b) jedoch fehlt. Die Buchungsklassen gab es schon vor EU261.

Und nochmal, ich sage nicht, dass die Airline richtig liegt. Ich sage, es ist nicht eindeutig.

Mein Gerechtigkeitssinn sagt mir, dass der Großteil der Corona-Stornos nach Wunsch des Kunden ohne Berücksichtigung der Buchungsklasse in der gleichen Reiseklasse umbuchbar sein sollten. Derselbe Gerechtigkeitssinn sagt mir, dass es Fälle von Buchungen während Corona gibt und noch geben wird, bei denen dies missbräuchlich verwendet werden könnte und wo das dann anders gehandhabt werden sollte.

Die Diskussion geht aber nicht um meinen Gerechtigkeitssinn, sondern um die Auslegung von EU261 Art. 8 (1) c). Und die sehe ich im Punkt der "gleichen Buchungsklasse" für nicht eindeutig an.
 

mayday

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15.02.2018
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Ich denke spannend wird es auch, wenn nach Corona Strecken eingestellt werden (z.B. die EW Langstrecke oder Flüge nach TXL), "verfügbarere Plätze" sind dann das geringste Problem.
 
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kingair9

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18.03.2009
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Dann erkläre mir mal, was der Gesetzgeber damit gemeint hat, dass in EU261 Art. 8 (1) c) der Vorbehalt freier Plätze steht, dieser in EU261 Art. 8 (1) b) jedoch fehlt. Die Buchungsklassen gab es schon vor EU261.

Und nochmal, ich sage nicht, dass die Airline richtig liegt. Ich sage, es ist nicht eindeutig.

Mein Gerechtigkeitssinn sagt mir, dass der Großteil der Corona-Stornos nach Wunsch des Kunden ohne Berücksichtigung der Buchungsklasse in der gleichen Reiseklasse umbuchbar sein sollten. Derselbe Gerechtigkeitssinn sagt mir, dass es Fälle von Buchungen während Corona gibt und noch geben wird, bei denen dies missbräuchlich verwendet werden könnte und wo das dann anders gehandhabt werden sollte.

Die Diskussion geht aber nicht um meinen Gerechtigkeitssinn, sondern um die Auslegung von EU261 Art. 8 (1) c). Und die sehe ich im Punkt der "gleichen Buchungsklasse" für nicht eindeutig an.

IANAL

Die Airlines wenden bei IrrOps seit Jahren ganz von selbst das Prinzip "Gleiche Reiseklasse" an. Alleine hier im Forum haben wir zig Berichte dazu - manchmal umgebucht mit gleicher Buchungsklasse, manchmal auch mit höherer Buchungsklasse. Aber immer "Prinzip gleiche Reiseklasse". Und noch nie hat eine Airline von sich aus vor dem EuGH dagegen geklagt.

Was die Airlines jetzt machen ist "Jaaaa, stimmt schon - das haben wir seit 1896 immer so gemacht. Aber JETZT argumentieren wir um 180 Grad anders herum."

Die Airlines haben also jahrelang in zigtausenden Fällen de facto bewiesen, daß sie selbst das auch im Sinne von "gleiche Reiseklasse" verstehen.
 
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wideroe

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13.01.2011
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Dann erkläre mir mal, was der Gesetzgeber damit gemeint hat, dass in EU261 Art. 8 (1) c) der Vorbehalt freier Plätze steht, dieser in EU261 Art. 8 (1) b) jedoch fehlt. Die Buchungsklassen gab es schon vor EU261.

Es gibt hier ausgewiesenere Experten in Sachen EU 261/04, aber spontan nach Lesen der Norm würde ich mal sagen (man möge mich ggf. korrigieren, wenn das anders judiziert worden ist): Das eine betrifft den nächstmöglichen Transport uU auch auf Fremdmetall, bei dem die Airline den Vorbehalt der Verfügbarkeit eigener freier Plätze ohnehin nicht machen kann, das andere den Transport zu einem Wunschtermin des Kunden mit eigenem Metall, bei dem der Vorbehalt allein schon deshalb erforderlich ist, um dem Kunden keinen Anspruch zu geben, dass andere Passagiere abzuladen sind, damit er mitkommt.

Hilfreich ist übrigens auch immer ein Blick in den englischen Normtext. Dort heißt es "places a passenger in a higher class" und "availability of seats". Dass das nicht körperlich, sondern rein buchungstechmisch gemeint ist, scheint mir kaum verrtretbar.
 
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thbe

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27.06.2013
9.444
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Es gibt hier ausgewiesenere Experten in Sachen EU 261/04,

Die interessanten Urteile der ausgewiesenen Experten basieren i.d.R. nicht auf EU261, sondern z. B. auf BGB.

Mir ist ja bewusst, dass gerade Unerfahrene Rechtsmeinungen bevorzugen, die sich auf die Aussage "Todsichere Sache! Die Gegenseite machen wir fertig! Das sind ja nur Vollidioten!" beschränken. Bleibt jedem selbst überlassen.

In eigener Sache interessieren mich jedoch die Risiken. Und in Rechtsfragen gibt es selten keine Risiken. Im vorliegenden Fall muss man die Ungenauigkeit des Vorbehalts verfügbarer Plätze in EU261 hinnehmen oder auf eine andere Anspruchsgrundlage ausweichen.

Ich warte jedenfalls den Ausgang des Rechtsstreits ab und freue mich erst, wenn er auch am Ende positiv für die Kunden ausgeht. Eine zwingende Argumentation gegenüber der LH habe ich hier jedenfalls noch nicht gelesen.

aber spontan nach Lesen der Norm würde ich mal sagen (man möge mich ggf. korrigieren, wenn das anders judiziert worden ist): Das eine betrifft den nächstmöglichen Transport uU auch auf Fremdmetall, bei dem die Airline den Vorbehalt der Verfügbarkeit eigener freier Plätze ohnehin nicht machen kann, das andere den Transport zu einem Wunschtermin des Kunden mit eigenem Metall, bei dem der Vorbehalt allein schon deshalb erforderlich ist, um dem Kunden keinen Anspruch zu geben, dass andere Passagiere abzuladen sind, damit er mitkommt.

Hilfreich ist übrigens auch immer ein Blick in den englischen Normtext. Dort heißt es "places a passenger in a class higher class" und "availability of seats". Dass das nicht körperlich, sondern rein buchungstechmisch gemeint ist, scheint mir kaum verrtretbar.

Mögliche Interpretation. Andere Interpretationen sind ebenfalls möglich. Deswegen ja "nicht eindeutig".
 

thbe

Erfahrenes Mitglied
27.06.2013
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IANAL

Die Airlines wenden bei IrrOps seit Jahren ganz von selbst das Prinzip "Gleiche Reiseklasse" an. Alleine hier im Forum haben wir zig Berichte dazu - manchmal umgebucht mit gleicher Buchungsklasse, manchmal auch mit höherer Buchungsklasse. Aber immer "Prinzip gleiche Reiseklasse". Und noch nie hat eine Airline von sich aus vor dem EuGH dagegen geklagt.

Was die Airlines jetzt machen ist "Jaaaa, stimmt schon - das haben wir seit 1896 immer so gemacht. Aber JETZT argumentieren wir um 180 Grad anders herum."

Die Airlines haben also jahrelang in zigtausenden Fällen de facto bewiesen, daß sie selbst das auch im Sinne von "gleiche Reiseklasse" verstehen.

Bei Umbuchungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt (nach EU261 Art. 8 (1) b)) habe ich die von Dir geschilderte Praxis auch selbst mehrfach erlebt.

Bei Umbuchungen nach Storno in die fernere Zukunft nach Wahl des Kunden (also nach EU261 Art. 8 (1) c)) war das nach meinem Stand nie die Regel.
 

wideroe

Erfahrenes Mitglied
13.01.2011
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In eigener Sache interessieren mich jedoch die Risiken. Und in Rechtsfragen gibt es selten keine Risiken. Im vorliegenden Fall muss man die Ungenauigkeit des Vorbehalts verfügbarer Plätze in EU261 hinnehmen oder auf eine andere Anspruchsgrundlage ausweichen.

Wo liegt dann Dein Problem? Die Anspruchsgrundlage wählt der Richter aus, nicht Du; "da mihi factum, dabo tibi ius" usw.. Wenn es Deiner Meinung nach eine gibt, aber halt nicht Art. 8 VO 261/04, ist doch alles gut, dann nimmt der Richter halt, ggf. motiviert durch entsprechende schriftsätzliche Hinweise, die.

Mir ist auch nicht ganz klar, was Du hier erwartest. Der Dich interessierende Begriff ist nicht legal definiert und muss deshalb ausgelegt werden. Hier werden unter Berücksichtigung der juristischen Methodenlehre wahrscheinlichere und unwahrscheinlichere Auslegungsergebnisse angeboten. Absolute Gewissheit gibt es halt nicht. Man hat ja noch nicht mal die Gewissheit, dass ein Richter eine Norm überhaupt richtig anwendet...
 
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Airsicknessbag

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11.01.2010
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Du weißt doch, dass derzeit alle zukünftigen Flüge unter dem besonderen Vorbehalt stehen, aufgrund von bestehenden Einreisebeschränkungen und möglichen weiteren Wellen nicht durchgeführt zu werden.

Im Zuge der Coronakrise hat der uebereifrige Gesetzgeber einige eherne Grundsaetze ueber die Wupper gehen lassen. So weit ist er aber dann doch nicht gegangen; pacta sunt servanda gilt immer noch. Ich wuerde also den Airlines - auch strafrechtlich - durchaus raten, nur Fluege buchbar zu halten, deren Durchfuehrung aktuell beabsichtigt ist.


Die "wahrheitsliebende" Alternative wäre, aktuell - und wohl noch bis nächstes Jahr - so gut wie gar keine Flüge anzubieten. Ob das nun ein realistisches und befriedigendes Szenario darstellt?

Ja.


Besteht ein Anspruch auf einen freien Platz in F, wenn man Eco gebucht hat und diese ausgebucht ist?

Das ist ausjudiziert. Nein.


Da ist der Schritt zum freien Platz in derselben Buchungsklasse nicht weit.

Doch, er ist himmelweit. Denn Kabinenklassen kennt der Gesetzgeber, Buchungsklassen nicht.


für mich ist die Interpretation von EU261 Art. 8 (1) c) nicht eindeutig. Und abgesehen von Argumenten jenseits von Polemik wurde noch nichts eingebracht, was eine Eindeutigkeitsthese untermauert,

Fuer mich ist sie eindeutig, nicht zuletzt aufgrund der entsprechenden ausdruecklichen und als Auslegungshilfe zuvoerderst heranzuziehenden Einlassung des Gesetzgebers:

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT /* KOM/2011/0174 endg. */ meinte:
Nach Artikel 8 haben die Fluggäste Anspruch auf anderweitige Beförderung „unter vergleichbaren Reisebedingungen“. Diese Beförderung kann von einem anderen Verkehrsträger oder Luftfahrtunternehmen auf der gleichen oder einer sehr ähnlichen Strecke in derselben oder ähnlichen Beförderungsklasse durchgeführt werden. Die Luftfahrtunternehmen sind verpflichtet, ihren Fluggästen diese Wahlmöglichkeit anzubieten. Die „vergleichbaren Reisebedingungen“ sind auf der Grundlage derselben oder ähnlichen Klasse und nicht anhand des vom einzelnen Fluggast gezahlten Flugpreises zu definieren, da der Flugpreis im Rahmen der Geschäftsstrategie des Unternehmens und abhängig von einer Vielzahl von Faktoren ständig schwankt. Dies wird durch die Tatsache belegt, dass in derselben Beförderungsklasse auf demselben Flug reisende Fluggäste zum Teil sehr unterschiedliche Preise zahlen.


Mein Gerechtigkeitssinn sagt mir, dass der Großteil der Corona-Stornos nach Wunsch des Kunden ohne Berücksichtigung der Buchungsklasse in der gleichen Reiseklasse umbuchbar sein sollten. Derselbe Gerechtigkeitssinn sagt mir, dass es Fälle von Buchungen während Corona gibt und noch geben wird, bei denen dies missbräuchlich verwendet werden könnte und wo das dann anders gehandhabt werden sollte.

Damit unterstellst Du dem Passagier eine Boesglaeubigkeit, die voellig praxisfern ist. Wer einen Flug bucht, darf davon ausgehen, dass dieser auch so durchgefuehrt wird.
Es gab doch immer genuegend Gluecksritter, die meinten, todsicher ueberbuchte Fluege identifizieren zu koennen, um den von IDB-Kompensationen leben zu koennen. Irgendwie hoert man von denen auch nichts mehr - das Geschaeftsmodell hat sich wohl nicht durchgesetzt.


Man hat ja noch nicht mal die Gewissheit, dass ein Richter eine Norm überhaupt richtig anwendet...

...oder auch nur kennt. ;-)

Iura novit curia. So meistens ;)
 

Berlin_Lawyer

Erfahrenes Mitglied
10.10.2017
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99
Berlin
Denn Kabinenklassen kennt der Gesetzgeber, Buchungsklassen nicht.
So ist es! Buchungsklassen sind eine rein Airline-interne Erfindung, nichts anderes. Wie wäre es denn: Wenn ich bei Media Markt einen Anspruch auf Nachlieferung eines im SuperSale erstandenen Geräts wegen dessen Defekt geltend mache, dann kann man mir auch nicht entgegenhalten, ich hätte aber aufgrund des Supersparangebots anders als der Käufer zum üblichen Verkaufspreis leider keine Chance auf Ersatzware. Auf Rechtsfolgenseite ist es halt egal, wer zu welchem Preis (und in welcher phantasievollen Buchungsklasse) eingekauft hat.
 

sweet

Erfahrenes Mitglied
25.02.2014
579
104
Jetzt polemisierst Du, eine Airline, die in Corona-Zeiten Flüge anbietet, spiegele etwas wahrheitswidrig vor. Du weißt doch, dass derzeit alle zukünftigen Flüge unter dem besonderen Vorbehalt stehen, aufgrund von bestehenden Einreisebeschränkungen und möglichen weiteren Wellen nicht durchgeführt zu werden. Die "wahrheitsliebende" Alternative wäre, aktuell - und wohl noch bis nächstes Jahr - so gut wie gar keine Flüge anzubieten. Ob das nun ein realistisches und befriedigendes Szenario darstellt?

Nein.
Viele Berichte zeigen von Passagieren und Kommentaren von Reisebüro Mitarbeitern (s. fvw Kommentare), dass z.B. Emirates weiterhin Flugtickets für Flüge am nächsten + übernächsten + ... Tagen verkauft hat, obwohl schon eindeutig klar war, dass diese Flüge nicht gehen werden oder bereits annulliert wurden.
Hier hat EK die Buchungssysteme nicht angepasst. Ob nun mit Vorsatz oder nicht, kann man nicht nachvollziehen.
Fakt ist jedoch, dass sehr wohl Flugtickets verkauft wurden von mehreren Airlines, obwohl der Airline bewusst war, dass die Flüge nicht mehr gehen werden.

Des Weiterhin schildern Rsb-Mitarbeiter, dass nach dem Ausstellen der Tickets die Flüge sofort seitens der Airline annulliert wurden, man aber trotzdem kein VOID am selben Tag mehr einreichen konnte und somit den kompletten Flugschein bezahlen musste und jetzt Monate auf einen Refund warten muss.
 

mayday

Erfahrenes Mitglied
15.02.2018
2.652
725
So ist es! Buchungsklassen sind eine rein Airline-interne Erfindung, nichts anderes. Wie wäre es denn: ...

Wie heißt es so schön: Der Preis ist kein wertbildendes Merkmal, sondern das Ergebnis der Wertbildung.