Es ist wirklich eine seltsame Situation.
Einerseits stößt mich die Art der Panikmache ab, insbesondere durch die deutschen Onlinemedien und ihrer Kommentatoren, welche mit einer gewissen Absolutheit die definitiv eintretende Katastrophe in düstersten Farben zu malen verstehen, Strahlentod, Wirtschaftskollaps, Unbewohnbarkeit, Apokalypse. Dies hat mich gestern Abend dazu verleitet, in einigen meiner Beiträge den Standpunkt zu vertreten, dass die weitere Entwicklung in Fukushima keinerlei dramatische Wendungen mehr aufweisen wird. Das war offensichtlich ein Irrtum, wie ich heute morgen leider bemerken musste.
Andererseits und völlig konträr ergibt sich aus dem allgemeinen Tenor des mir vorliegenden japanischen Quellensalats aus offiziellen Verlautbarungen, Blogbeiträgen, Leserkommentaren, Spekulationen und Erläuterungen japanischer Wissenschaftler und so weiter und so fort ein komplett anderes Bild, nämlich eines ernsthaften Unfalls in den betroffenen Reaktorblöcken, der aber bis auf die durch die Rettungsmaßnahmen notwendigen Vorgänge (Meerwasser) keinerlei weitläufige Bedrohung darstellt. Sämtliche Quellen sprechen von außerordentlich niedrigen Strahlungsleveln, selbst im Nahbereich des Kraftwerks selbst nur leicht und spitzenhaft erhöhte Werte, deren Messung in direktem zeitlichen und kausalen Zusammenhang mit den Vorgängen rund um die Rettungsmaßnahmen steht. (Brand, Löschen des Brandes, Abblasen von Dampf usw.) Diese Messungen und ihre Einordnung - in einem ganz anderen Bild als von den (deutschen) Medien heraufbeschworen - werden auch von unzähligen unabhängigen Personen und Instituten verbreitet.
Allerdings scheint es eine kulturelle Eigenart "der Japaner" - wie ich hilfsweise die Eindrücke aus dem Quellensalat mal nennen möchte - zu sein, zur Gesichtswahrung einerseits und zur Ruhebewahrung andererseits die Entwicklungen stets möglichst positiv und beschwichtigend darzustellen, und nur mit winzigen Schritten das einzugestehen, was sowieso nicht mehr geleugnet werden kann - damit meine ich auch die vielen Privatpersonen, die in den Blogs und Kommentaren schreiben und, verzeiht, sich entgegengesetzt zum deutschen "Wahn" gradezu darin überbieten, wie gut alles läuft, wie gering die Strahlung ist, wie wenig gewisse oder alle Gebiete betroffen sind, wie stabil die Reaktoren... So verständlich das alles nach einer vernichtenden Naturkatastrophe sein mag, so irritierend ist es auch.